FAQ: BMW Audiosysteme Grundlagen und Optimierungsmöglichkeiten
Hallo zusammen,
da ich bisher sehr viele Erfahrungen in Sachen BMW Audiosysteme sammeln konnte, wollte ich mit diesem Thema die Grundlagen und evtl. Optimierungsmöglichkeiten weitergeben. Vielleicht kann dieses Thema dem einen oder anderen in Sachen Autohifi-Nachrüstung oder Entscheidung beim Kauf weiterhelfen.
An die Admins: Evtl. wären Auszüge interessant für eine Art Grundlagen-Thema, dauerhaft an einfach zu findenden Stellen im Forum.
Vorab möchte ich kurz erwähnen, wo die Informationen herkommen. Ich merke leider immer wieder, dass sehr viel Halbwissen im Umlauf ist. Ich denke daher, das eine seriöse Quelle mit handfestem Hintergrund das A und O ist.
Sämtliche folgende Punkte stammen aus meiner Diplomarbeit bei der BMW AG in München / Aschheim zum Thema "Auslegung und Bewertung eines Tieftonkonzeptes für PKW, bei optimaler Klangverteilung und Vermeidung von Störungen". Ich selbst bin Lautsprecherentwicklungsingenieur und beschäftige mich seit ca. 15 Jahren mit Lautsprechern.
Grundlagen:
BMW baut in allen seinen Modellen (1er - 7er, zumindest bis 2008 ) identische Audioanlagen ein, wobei diese sich natürlich in Einbauort etc. etwas unterscheiden. Die Audioanlagen ab Werk reichen vom einfachen Stereo, über HiFi, HiFi Professional, bis zum teuersten, dem Individual System.
Bezogen z.B. auf den E91 (3er Touring) bedeutet das:
Stereo System:
- Lautsprecherhersteller: Philips
- Armaturenbrett: kein Centerlautsprecher
- Fronttür: 10 cm Mitteltöner, kein Hochtöner im Spiegeldreieck
- Fondtür: 10 cm Mitteltöner, kein Hochtöner
- Zentralbass: 16 cm Tieftöner unter dem Fahrer- und Beifahrersitz
- Kofferraum: keine Lautsprecher
- Verstärker: Radio, je nach Radiotyp etwa 4x 40 W (RMS) an 2 Ohm
-> Aufbau siehe Dateianhang 1
HiFi System:
- Lautsprecherhersteller: Harman / Becker
- Armaturenbrett: kein Centerlautsprecher
- Fronttür: 10 cm Mitteltöner (Medium), 26 mm Hochtöner (Medium) im Spiegeldreieck
- Fondtür: 10 cm Mitteltöner (Medium), 26 mm Hochtöner (Medium)
- Zentralbass: 21,7 cm Tieftöner (Medium) unter dem Fahrer- und Beifahrersitz
- Kofferraum: keine Lautsprecher
- Verstärker: 6 Kanal Zusatzverstärker, 2x 40 W (RMS) an 2 Ohm für Zentralbässe und 4x 25 W (RMS) an 2 Ohm für Türlautsprecher
-> Aufbau siehe Dateianhang 2
HiFi-Professional System:
- Lautsprecherhersteller: Harman / Becker
- Armaturenbrett: 10 cm Mitteltöner (High)
- Fronttür: 10 cm Mitteltöner (High), 26 mm Hochtöner (High) im Spiegeldreieck
- Fondtür: 10 cm Mitteltöner (High), 26 mm Hochtöner (High)
- Zentralbass: 21,7 cm Tieftöner (High) unter dem Fahrer- und Beifahrersitz
- Kofferraum: 2x Magnetostat im Dachhimmel
- Verstärker: 9 Kanal Zusatzverstärker, 2x 70 W (RMS) an 4 Ohm für Zentralbässe und 7x 40 W (RMS) an 2 Ohm für Türlautsprecher
-> Aufbau siehe Dateianhang 3
Individual System:
- Lautsprecherhersteller: LPG / Eton
- Armaturenbrett: 10 cm Koaxiallautsprecher
- Fronttür: 10 cm Mitteltöner, 28 mm Hochtöner im Spiegeldreieck
- Fondtür: 10 cm Mitteltöner, 28 mm Hochtöner
- Zentralbass: 21,7 cm Tieftöner unter dem Fahrer- und Beifahrersitz
- Kofferraum: 2x Magnetostat im Dachhimmel
- Verstärker: 9 Kanal Zusatzverstärker, genaue Leistungsdaten standen mir damals noch nicht zur Verfügung
-> Aufbau siehe Dateianhang 4
Weitere Informationen zu den einzelnen Komponenten:
Hochtöner:
Ab dem HiFi System sind Hochtöner (26mm) in den Spiegeldreiecken verbaut, welche je nach Anlage entsprechende Qualitätsstufen besitzt (Individual System = 28mm HT). Hier kann man schnell erkennen, welches Audiosystem eingebaut ist. Sollten keine Hochtöner in den Spiegeldreiecken vorhanden sein, hat man das einfache Stereosystem, welches ohne zusätzlichen DSP und Verstärker auskommt und dementsprechend einfacher selbst umzubauen ist.
Mitteltöner:
Gemeinsam haben alle Systeme 10 cm Mitteltöner in den Türen, welche mit drei Schrauben auf der Türverkleidung verschraubt sind und etwa ab 180 Hz eingesetzt werden. Das Stereo und HiFi System besitzt Papiermembranen, HiFi Prof. Alu Membranen (zumindest bis 2008 ), Individual System die typische Hexagon Membran (farblich beige), teilweise auch als Koax ausgeführt und zusätzlich mit einem farblich markierten Gitter gekennzeichnet.
Die Mitteltöner spielen auf kein definiertes Volumen, da direkt hinter dem Lautsprecher die Schall-Isolierungsfolie (Schaumstoff) sitzt, welche den Innenraum des Fahrzeuges zusätzlich vom Feuchtraum trennt.
Tieftöner:
Unter den beiden Vordersitzen sitzt je ein Tieftöner im Kunststoffgehäuse, welches an die Seitenschweller (kann man sich wie einen quadratischen Längsträger zwischen Vorder- und Hinterrad vorstellen) angeschlossen ist (siehe Dateianhang 5 und 6). Das Gehäuse ist nach außen hin mehr oder weniger offen, da der Schweller Feuchtraum ist und nur durch Stopfen der Kunststoffteile und diverse Halterungen nicht optimal verschlossen ist. Je nach Audioklasse hat man entweder 16er Bässe (Stereo System) oder 21,7 cm Lautsprecher mit inversem Magnetsystem eingesetzt. Die 20er unterscheiden sich dann wiederum ebenfalls in ihren Leistungsklassen.
Verstärker:
Das Stereosystem hat einen im Radio eingebauten Verstärker.
HiFi, HiFi Prof. und Individual besitzen einen externen Verstärker, eingebaut im hinteren Seitenteil Fahrerseite (unterhalb des Warndreieck / Verbandkastenhalters). Die Ansteuerung des externen Verstärkers geschieht je nach Qualitätsstufe. Der HiFi Verstärker wird über "normale Kabel" angesteuert. HiFi Prof. und Individual über einen sog. MOST-Bus als Lichtwellenleiter. Dabei haben die Verstärker der HiFi Prof. und Individual Klasse eingebaute Soundprozessoren, die diverse Eigenschaften wie Laufzeitkorrektur, Equalizerfunktionen, Dirac Filterungen, Lautstärkeanpassungen etc. besitzen.
Vor- und Nachteile der Systeme:
Vorteile:
* nahezu identische Basswiedergabe an allen Sitzplätzen im Fahrzeug, dank guter Anregung der Moden des Innenraums
* äußerst präzise Basswiedergabe aufgrund kurzer Impulsantwort
* keine Platzeinschränkungen durch einen Subwoofer z.B. im Kofferraum
* hohe Anbringung der Mitteltöner, so dass diese kaum durch Körperteile bedeckt werden -> gute Bühnenabbildung möglich
* geringe Störungen durch klappernde Teile in den Türen etc., da der Mitteltöner erst ab etwa 180 Hz arbeitet
Nachteile:
* Eine Optimierung der höherwertigen Audiosysteme ist äußerst schwierig, da z.B. Signale nicht aus dem MOST-Bus herausgeführt werden können oder aber andere Komponenten beim Umbau betroffen sind (z.B. Klimaanlage, Lenkradfernbedienung usw.) und nach dem Umbau ohne Funktion sind. Der verwendete Ring-Kern Bus kann nur mit entsprechender Software und Optolyzer (Gerät zur Informationsübertragung zwischen PC und Fahrzeug) überarbeitet werden (z.B. ist die bekannte SPDif Übertragung von Sony/Philips ein anderer Standard). Mir bekannte Versuche bisheriger Nachrüstgeräte sind alle fehl geschlagen. Nachrüstradios sind nur schwer möglich und benötigen viele Adapter. Des Weiteren ist es äußerst schwierig die Filterungen von HiFi-Prof. und Individual Verstärker zu neutralisieren. Hier hilft es nur, wenn man entsprechende Kontakte zu LEAR besitzt, da diese den Verstärker programmieren können. Man sollte sich also im Vorneherein überlegen, ob man eine Audioanlage nachrüsten möchte.
Meine Empfehlung lautet hier: -> Wenn Audioanlage nachgerüstet werden soll: möglichst Stereo System nehmen -> Sollte dies nicht der Fall sein: HiFi Prof. oder Individual nehmen, wobei das Individual System klanglich die Spitze meiner bisherigen Audioerfahrungen im Serienbereich darstellt
* BMW musste es in der Konfiguration der Lautsprecher und Einstellungen, wie bei anderen Herstellern auch üblich, jedem Passagier im Fahrzeug recht machen und konnte somit keine Individualisierung auf z.B. den Fahrer vornehmen. Daher klingen meist Serienanlagen immer schlechter als Nachbausysteme
* Übergang des Kunststoffgehäuses zum Schweller flächenmäßig zu gering. Es entsteht ein sog. Helmholtz-Resonator, der einen schalldämpfenden Effekt (Einbruch im Frequenzgang ) zwischen 70 und 200 Hz besitzt (das Prinzip eines Helmholtz-Resonators kann man schnell anhand einer Flasche, in die man bläst, erläutern. Es entsteht hierbei ein Ton, der sich in diesem Fall beim Zentralbass negativ auswirkt)
* Je nachdem, wie präzise das Auto ab Werk zusammengebaut wurde, kommt es zu Störgeräuschen vom Schweller aus nach außen
* Mitteltöner zu klein, so dass der Übergang zwischen Zentralbass und Mitteltöner etwas schwammig klingt
* Mitteltöneranbringung an Türverkleidung, welche stark angeregt und zum Schwingen gebracht wird. Es entsteht ein Störschall welcher das Klangbild verfälscht
* Schall-Isolierungsfolie (SI-Folie): Diese Folie sorgt für Störgeräusche, da sie teilweise mitschwingt
Diese Anleitung hat uns Lebrichon aus dem E90-Forum zur Verfügung gestellt.